Der lange Weg zum Universal-Übersetzer

Was ist Fiktion, was ist Realität? Das jüngste Update der Google Translate App ließ Sci-Fi-Fans aufhorchen. Die New York Times lehnte sich weit aus dem Fenster und bezeichnete die Neuerungen als weiteren Schritt in Richtung Universal-Übersetzer. Weitere Superlative folgten, einzig gestaltet sich die Realität etwas anders: Google Translate ist noch weit von derlei Utopien entfernt.

Spektakuläre neue Features

Dabei lesen sich die Neuerungen der App nach atemberaubender Zukunftsmusik. Einerseits ermöglicht Google Translate nun optische Übersetzungen. Richtet man die Kamera auf einen fremdsprachigen Text, so wird dieser erkannt, übersetzt und entsprechend optisch dargestellt – in gleicher Schriftfarbe, Schriftart und Schriftgröße. Die zweite neue Funktion vereint Spracherkennung und Sprachausgabe. Google Translate erkennt die gesprochene Sprache sowie den Sprachinhalt, übersetzt und gibt diesen via Sprachausgabe in der Zielsprache wieder.

Ernüchternde Realität

Freilich sieht die Wirklichkeit ein wenig anders aus. Die optische Erkennung funktioniert besser, da diese ohne Sprachmarker (Sprechgeschwindigkeit, Akzent, Stottern, Äh und Ähem) operiert. Beim Economist-Praxistest der Sprachfunktion zwischen einem englischsprachigen und einem deutschsprachigen Kollegen ergaben sich durchaus interessante Ergebnisse:

Englisch: Good morning, how are you?
Erkannt als: Good morning, how are you
Übersetzt ins Deutsche: Guten Morgen, wie geht es Ihnen?

Deutsch: Guten Morgen, wie geht es dir?
Erkannt als: Guten Morgen, wie geht es dir
Übersetzt ins Englische: Good morning, how are you?

So weit, so gut.

Englisch: I’d like to reserve a table for 4 please
Erkannt als: I’d like to reserve a table for 4 please
Übersetzt ins Deutsche: Ich möchte einen Tisch für 4 behalten Sie bitte

Aus dem intendierten „Ich möchte bitte einen Tisch für 4 Personen reservieren“ wird moderater Kauderwelsch, der sich mit ein wenig Fantasie und Gastfreundschaft entziffern lässt.

Deutsch: Wir haben leider keinen Tisch im Moment. [Unfortunately we don’t have a table at the moment.]
Erkannt als: Wir haben leider keinen Tisch moments.
Übersetzt ins Englische: We did not get a table moments.

Die deutsche Spracherkennung misslingt, das Ergebnis ist purer Nonsens. Dennoch gibt es einen letzten Versuch:

Englisch: That’s a shame. I’ll come back later.
Erkannt als: That’s a shame I’ll come back later
Übersetzt ins Deutsche: Das ist schade, dass ich komme später wieder

Aus „Schade, ich komme später wieder“ wird nun eine in gebrochenem Deutsch vorgetragene Unhöflichkeit, aus freundlicher Konversation eine Beleidigung des Hauses. Google Translate ist offenkundig noch weit davon entfernt ein Universal-Übersetzer zu sein, auch wenn der Ansatz stimmt und die Technologie sicherlich ausbaufähig ist. Das Erlernen einer Fremdsprache bleibt vorerst unerlässlich.

Quelle: economist.com

Autor: Walter Kraus

Copyright Foto: cienpies/Bigstock.com

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